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Schon länger wird über Doping-Spiele sinniert – aber kommen die überhaupt und wozu sind die Sportlerinnen und Sportler dann fähig?Bild: midjourney
Die Wettkämpfe der «verbesserten Sportler» sollen im Jahr 2025 stattfinden und lösen seit ihrer Ankündigung heftige Reaktionen in der Sportwelt aus. Aber es gibt auch einen differenzierten Blick darauf.
Rainer Sommerhalder / ch media
Die Empörung in der Welt des Sports war gigantisch. Als der australische Investor und Geschäftsmann Aron D’Souza im Jahr 2023 seine Idee der «Enhanced Games» – die Spiele der verbesserten Sportler – vorstellte, reagierten Anti-Doping-Organisationen, Sportverbände und Mediziner scharf und eindeutig. Die Idee, dass im Wettkampf Doping offiziell erlaubt sein soll, stiess auf uneingeschränkte Ablehnung.
Inzwischen haben sich nicht nur Sportorganisationen und Medien zu den Plänen geäussert, sondern immer wieder auch Wissenschafterinnen und Wissenschafter. Sie betrachten die Idee, die Grenzen der körperlichen Leistungsfähigkeit zu verschieben und so letztlich den Menschen zu optimieren, differenziert. Neben viel Kritik weisen sie auch auf positive Aspekte hin.
Der Kopf hinter den «Enhanced Games»: Aron D’Souza.
Die «Enhanced Games» positionieren sich ganz bewusst und auf provokative Weise als Gegenentwurf zu den Olympischen Spielen, die sie als «korrupt» bezeichnen. Mit welchen Mitteln die Teilnehmenden ihr Leistungsvermögen verbessern, ist ihnen freigestellt. Dopingtests wird es keine geben. Wer einen Weltrekord bricht, wird mit einem Preisgeld von einer Million Dollar belohnt.
«Exzellenz verdient es, belohnt zu werden», sagte der in London lebende D’Souza. Angeboten werden die fünf Sportarten Leichtathletik, Schwimmen, Turnen, Kampfsport und Gewichtheben. Die Organisatoren behaupten gar, durch den Verzicht auf Dopingtests würden die Wettkämpfe «fairer».
Eine moderne Art der Labormäuse
Bereits haben ehemalige Olympia-Teilnehmer ihr Interesse bekundet und potente Investoren aus der Wirtschaft wollen den Anlass finanziell unterstützen, so etwa der libertäre US-Milliardär und PayPal-Mitbegründer Peter Thiel. Gemäss Aron D’Souza wollen auch viele Sportler, die im Sommer in Paris am Start waren, bei den Enhanced Games mitmachen. Die Organisatoren sagen, die Spiele seien ein Labor für die Weiterentwicklung des Menschen mittels medizinischer und wissenschaftlicher Methoden.
Ist kontrolliertes Doping besser als Betrügen im Dunkeln?Bild: Shutterstock
Im Verlauf der vergangenen Monate erschienen mehrere wissenschaftliche Artikel, die sich mit der Idee des Events differenziert auseinandersetzen. Der Brite Andrew Richardson schreibt, Möglichkeiten im Bereich der menschlichen Leistungssteigerung zu erkunden, sei als Idee grundsätzlich interessant. Ebenso die Antwort auf die Frage, ob bestehende Rekord dadurch überhaupt signifikant verbessert werden könnten.
Richardson sieht allerdings die Veranstalter in der Pflicht, noch deutlich mehr zu unternehmen, um die Gesundheit der Athleten zu gewährleisten. Diese setzen in der Prävention auf Gesundheitstests anstatt auf Dopingtests, wollen alle Teilnehmenden verschiedenen medizinischen Gesundheitstests wie Screenings, Bluttests und EKG unterziehen und überwachen. Auf diese Weise würde die Möglichkeit von gesundheitlichen Schäden durch die Einnahme von Doping minimiert.
Sieht man im Fernsehen, wie Sportler sterben?
Der britische Wissenschafter sagt, dass mehr getan werden müsse. So fordert er Tests der eingenommenen Substanzen, um sicherzustellen, dass es keine gefälschten oder gefährlichen Produkte sind. Zudem fordert eine Beratung der Teilnehmenden vor dem Anlass sowie eine Beschränkung des Dopingkonsums pro Athlet. «Niemand möchte sehen, dass Athleten durch die Einnahme dieser Medikamente ins Krankenhaus eingeliefert werden oder im schlimmsten Fall sterben», schreibt er in seiner Arbeit.
Kann ein Mensch dank Doping noch schneller rennen als Usain Bolt?Bild: EPA/EPA
Kritisiert wird auch die Konsequenz aus der Vorbildwirkung von Sportlern. Inwieweit animieren dopende Athleten Jugendliche, beispielsweise Anabolika zu konsumieren? In seinen Schlussfolgerungen äussert sich Richardson durchaus auch positiv zu diesem Experiment: «Die Ermutigung für Sportler, sich als verbessert zu outen und ihr Schweigen zu brechen, bietet ihnen die Möglichkeit, Teil einer Gemeinschaft zu sein, die ihnen keine Schuldgefühle für die Einnahme dieser Mittel macht.»
Auch Luke Thomas Joseph Cox, Wissenschafter aus Wales, kommt zum Schluss, «dass ähnlich wie die Einteilung des Bodybuildings in getestete und ungetestete Disziplinen auch dieser Anlass mit den Olympischen Spielen koexistieren könnte – da sie jeweils unterschiedliche Ideale und Identitäten verkörpern».
Kampf gegen Doping als Risiko für die Gesundheit
Noch radikaler urteilt April Henning, eine auf Sport fokussierte Soziologin aus Schottland. Für sie stellt der geplante Anlass die gesamte Logik der Dopingbekämpfung auf den Kopf. Ein Drama sieht sie darin aber nicht. Sie schreibt in ihrer Arbeit zu den Enhanced Games: «Ein grosses Risiko für Athleten, die leistungssteigernde Substanzen einnehmen, ist die Dopingbekämpfung selbst. Die Abschaffung dieses Anti-Doping-Systems kann schon eine grosse schadensreduzierende Wirkung haben», so Henning.
Henning begründet ihre Aussage damit, dass Doping nicht zuletzt deshalb mit einem Stigma behaftet sei, weil ihm die Dopingbekämpfung einen moralischen Wert zugeschrieben habe. «Doping wird mit Betrug, Unfairness und schlechtem Sportgeist gleichgesetzt. Antidoping ist in vielen Ländern zu einer Ideologie geworden. Damit sie nicht entdeckt werden, unternehmen Sportler grosse Anstrengungen, die insbesondere für ihre Gesundheit riskanter sind.»
Die Abschaffung von Tests oder Sanktionen für Doping ermögliche es den Sportlern, sich legale Unterstützung für die effektivsten und risikoärmsten Methoden der Leistungssteigerung zu holen. Auch habe die Forschung gezeigt, «dass Doping im Spitzensport möglicherweise nicht so schädlich sei wie befürchtet».
Bisher ist das Projekt nur ein PR-Anlass
Verständlicherweise eine ganz andere Haltung nimmt der organisierte Sport ein. Das IOC bezeichnete die Enhanced Games als «Witz, unfair und unsicher». Die Wada hat den Event als «gefährliches und unverantwortliches Konzept» bezeichnet. Sie schreibt: «Athleten dienen als Vorbilder, und wir glauben, dass diese Veranstaltung ein falsches Signal an junge Menschen auf der ganzen Welt senden würde.»
IOC-Präsident Thomas Bach hätte an «Enhanced Games» wohl keine Freude.Bild: keystone
Grigori Rodtschenkow, der in die USA geflüchtete Mediziner und ehemalige Mastermind des russischen Dopingprogramms, sagte auf Anfrage von CNN: «Es ist eine Gefahr für die Gesundheit und den Sport. Der Anlass könnte der jungen Generation von Athleten, die fälschlicherweise an das Konzept glauben, extremen Schaden zufügen.» Travis Tygart, Chef der US-Antidoping-Agentur, bezeichnete die Idee als «eine gefährliche Clownshow. Niemand will wirklich, dass unsere Kinder mit ungezügeltem Dopingkonsum im Sport aufwachsen, auch wenn einige Profiteure anders denken».
Bislang gleicht die Lancierung der Enhanced Games vor allem einer riesigen PR-Show. Ob es wirklich zur geplanten ersten Durchführung in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres kommen wird, bleibt mehr als unsicher. Zwar sagen die Organisatoren, die Verhandlungen über den Austragungsort seien weit fortgeschritten. Mehrere Städte auf der ganzen Welt hätten ihr Interesse angemeldet. Auf der Veranstaltungs-Homepage jedoch wartet man seit Monaten auf News. Bis auf die Idee bleibt alles andere äusserst vage.
Nach der starken EM folgt die schwache Nations League: Die Schweizer Nationalmannschaft wirft mit ihren Leistungen einige Fragen auf.
Nein, so hat man sich die Kampagne nicht vorgestellt. «Wir wollen den Fussball bestätigen, den wir an der EM gezeigt haben», sagte Nationalmannschaftsdirektor Pierluigi Tami im September. Das Hauptziel «Nichtabstieg», das Trainer Murat Yakin im Frühherbst formuliert hatte, schien tief gestapelt. Immerhin war die Schweiz aufgrund der Weltrangliste und des EM-Abschneidens nach Spanien die vermeintlich zweitbeste Mannschaft der Gruppe.