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Vor knapp elf Jahren wechselte Janick Steinmann als Spieler zum HC Lugano – nun ist er der neue Sportchef im Tessin.Bild: TI-PRESS
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Und nun also Janick Steinmann. Wenn er aus Luganos Geschichte die richtigen Schlüsse zieht, kann er Lugano wieder «grande» machen.
Janick Steinmann übernimmt per sofort das Amt eines Sportchefs. Als Nachfolger von Hnat Domenichelli, der doch mit seiner immensen Erfahrung als Spieler und Spieleragent der perfekte Sportchef hätte sein können. Aber der smarte eingebürgerte Kanadier hatte als freundlicher Opportunist nie den Mut, seiner Präsidentin in zentralen Anliegen zu widersprechen und einen eigenen Weg zu gehen. Und er hat sich bei der Rekrutierung des ausländischen Personals zu oft geirrt.
Hnat Domenichelli wurde Mitte Januar entlassen.Bild: keystone
Lugano wartet seit 2006 auf seinen nächsten Titel. Die Führung ist alle möglichen Wege zu neuem Ruhm gegangen und immer und immer wieder gescheitert. Die Trainer kamen aus Schweden, Finnland, Deutschland, Russland, Kanada und aus der Schweiz. Sie waren mal freundlich, mal autoritär. Alle scheiterten. Zuletzt auch der deutsche Titan Uwe Krupp. Immerhin war es die kluge Präsidentin Vicky Mantegazza, die das Potenzial von Patrick Fischer erkannt und ihn zum Trainer gemacht hat. Aber auch er konnte sein Potenzial in Lugano nicht entfalten. Inzwischen ist er als Nationaltrainer zweimaliger WM-Finalist geworden. Lugano versuchte es mit Geld oder mit Bescheidenheit und wollte zuletzt gar sein wie Ambri. Das Experiment ist kläglich gescheitert.
Sportchef Janick Steinmann muss als Erstes den richtigen Trainer finden. Das wird der einfachste Teil seiner neuen Aufgabe sein. Und überhaupt ist sein Job gar nicht so schwierig, wie es auf den ersten Blick scheint. Er muss nur den Mut haben, eine neue Ordnung durchzusetzen. Oder besser: die alte Ordnung wieder einzuführen, die Lugano einst «grande» gemacht und in fünf Jahren vier Titel eingebracht hat (1986, 1987, 1988, 1990).
Diese Ordnung ist einfach zu verstehen: Der Präsident oder die Präsidentin sind die Besitzer, der Manager und Sportchef managen, der Trainer trainiert und die Spieler spielen. Punkt. In Lugano war es in den letzten Jahren so, dass alle ein wenig alles gemacht haben, die Präsidentin auch ein wenig managte und die Spieler ab und an nicht nur den Trainer, sondern auch den Sportchef coachten.
Die Gewaltentrennung ist die Voraussetzung zum Erfolg. Weil nur so einerseits die Autorität und das Durchsetzungsvermögen des Trainers gewährleistet sind. Und andererseits nur so zum richtigen Zeitpunkt ein Trainer ausgewechselt werden kann. Dieses Timing ist nicht ganz unwichtig. Wird ein Trainer, der «die Kabine verloren» hat, aus romantischen oder finanziellen Gründen im Amt belassen, dann nimmt die Leistungskultur nachhaltig Schaden. Lugano verpasste soeben gar das «Play-In», weil Trainer Luca Gianinazzi zu spät gefeuert worden ist.
Es gibt eine Anekdote – ob wahr oder gut erfunden sei nun mal dahingestellt –, die zeigt, wie sich die Gewaltentrennung in Lugano aufgelöst hat. Da sie nicht boshaft ist, darf sie nacherzählt werden. Der Sportchef sitzt auf der Tribüne und einem Spieler der gegnerischen Mannschaft gelingt eine tolle Aktion. Sogleich piepst sein Hosentelefon. Vicky Mantegazza hat eine Textmitteilung geschickt: «Ich denke, diesen Spieler sollten wir verpflichten.» Janick Steinmann muss nur den Mut haben, ein paar organisatorische Massnahmen durchzusetzen und sich an ein paar Regeln halten.
- Ein Kabinenverbot für Präsidentin Vicky Mantegazza. Sie kommt nur noch zur Begrüssung vor der Saison, für gute Neujahrswünsche und nach der Saison in die Kabine.
- Ein präsidiales Büroverbot für die Spieler und den Trainer: Sie dürfen nur noch bei der Präsidentin vorsprechen, um Verträge zu unterschreiben oder vorzeitig aufzulösen.
- Der Sportchef entscheidet in Absprache mit dem Geschäftsführer (zurzeit Marco Werder), welche Spieler geholt, welche weggeschickt und wie die Verträge ausgestaltet werden.
- Der Sportchef liest keine Tessiner Zeitungen, hört kein Tessiner Radio und schaut keinen Tessiner TV-Sender. So bleibt er unbeeinflusst von den Polemiken der buntscheckigen lokalen Medienszene, die zum HC Lugano gehören wie das Glockengeläut zum Alpaufzug.
- Das Leistungsprinzip wird wieder eingeführt. Wer nicht sein bestes Hockey spielt, muss unbesehen von vergangenem Ruhm, Namen, Herkunft und Salär zwischendurch halt auch mal auf die Tribüne. Unvergessen, wie einst beim «Grande Lugano» unter John Slettvoll mit Thomas Vrabec der vielleicht beste Spieler während der Playoffs auf die Tribüne verbannt wurde. Weil er vorzeitig beim SCB unterschrieben hatte.
Die klare Struktur, die heute fehlt, hat es in Lugano schon einmal gegeben. Präsident Geo Mantegazza und sein Sportchef Fausto Senni haben 1982 John Slettvoll als Trainer geholt und ihn beim Aufbau des «Grande Lugano» durch alle Böden gestützt. Kein Spieler wagte es, sich beim Sportchef oder beim Präsidenten zu beklagen. Intrigen gab es nicht. Aber vier Meisterfeiern in fünf Jahren.
Janick Steinmann kennt Lugano. Er spielte hier von 2014 bis 2016 als «Hinterbänkler». Er muss also nur aus der Geschichte des Klubs die richtigen Schlüsse ziehen. Die fachlichen Voraussetzungen bringt er zweifelsfrei mit. Bei den Lakers ist seine Bilanz eine durchwegs positive, ja formidable. Bei Transfers von ausländischen und heimischen Spielern hat er sich nicht zu oft getäuscht. Er ist erst 38 und weiss, wie die neue Spielergeneration tickt und kennt auch das Trainerhandwerk aus seiner zweijährigen Tätigkeit als Assistent bei Zugs Farmteam. Mit Trainer Stefan Hedlund ist es ihm nicht nur gelungen, eine neue Leistungskultur aufzubauen und die Lakers vorübergehend in die Spitzengruppe der Liga zu führen. Er hatte diese Saison auch den Mut, den Trainer zum richtigen Zeitpunkt zu feuern.
Beim SCRJ prägte Janick Steinmann eine erfolgreiche Zeit.Bild: IMAGO/Pius Koller
Was er als Sportchef in Lugano noch lernen muss, aber schnell lernen wird: der Umgang mit Spielern, die zu viel verdienen und zu wenig leisten. Er hat bei den Lakers bewiesen, dass er mit wenig Geld viel erreichen kann. Der schwierigste Part seines neuen Jobs ist es, zu lernen, wie mit zu viel Geld viel erreicht werden kann. Das ist die ganz besondere Herausforderung in Lugano.
Janick Steinmann wird drei Jahre brauchen, um in Lugano ein Spitzenteam zu formen. Der nächste Titel oder mindestens der nächste Final ist im Frühjahr 2028 möglich. Lugano ist eine Traumdestination für einen mutigen Sportchef.
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