Finanzkontrolle lässt Kampagnen zu Wahlkampf auf Social Media überwachen

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Wahlkampf auf Social Media wird immer wichtiger: Im Bild eine Wahlwerbung des Zürcher SP-Gemeinderatskandidaten Nilo Cavalli auf Facebook, fotografiert am Dienstag, 18. Januar 2022.Bild: KEYSTONE

Wer Wahl- oder Abstimmungskampf betreibt, muss seine Ausgaben offenlegen. Doch die neuen Regeln setzen hauptsächlich auf Ehrlichkeit. Überprüft werden die Angaben nur selten. Die zuständige Behörde weiss sich zu helfen: Sie hat eine externe Firma mit einem Monitoring beauftragt.

Christoph Bernet / ch media

Als eines der letzten der sogenannten entwickelten Länder hat sich die Schweiz Transparenzregeln für die Finanzierung der Politik auferlegt. Kampagnenbudgets für Wahlen und Abstimmungen müssen ab einer Höhe von 50’000 Franken offengelegt werden. Bei Einzelspenden ab einem Beitrag von 15’000 Franken muss der Name des Spenders angegeben werden. Ebenso müssen die in der Bundesversammlung vertretenen Parteien ihr Jahresbudget offenlegen.

Diese Regeln beschloss das Parlament im Sommer 2021 als Gegenvorschlag zur später zurückgezogenen SP-Transparenzinitiative. Erstmals zur Anwendung kamen sie für die eidgenössischen Wahlen vom Oktober 2023. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) ist dafür zuständig, die Einhaltung der Regeln zu überprüfen.

Sie hat dafür allerdings nur begrenzte Kapazitäten: Gerade einmal drei zusätzliche Vollzeitstellen erhielt die Behörde für das neue Betätigungsfeld zugesprochen. Die EFK kann deshalb die von Parteien und Komitees eingereichten Angaben nur stichprobenweise auf deren Korrektheit überprüfen.

Was bislang nicht öffentlich bekannt war: Die Finanzkontrolle hat zur Wahrnehmung ihrer Prüfaufgabe eine externe Firma beauftragt, politische Kampagnen auf Social Media sowie Youtube zu überwachen. Dies geht aus dem Abschlussbericht der Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu den eidgenössischen Wahlen 2023 hervor, der im April 2024 publiziert worden ist.

Das Gebäude der FINMA.Bild: KEYSTONE

Externe Firma überwacht Online-Kampagnen

Die dreiköpfige OSZE-Beobachtermission setzte sich in dem Bericht mit drei Schwerpunktthemen auseinander: E-Voting, Zugänglichkeit des Wahlprozesses für Menschen mit einer Behinderung und Parteien- und Wahlkampffinanzierung.

Zum letzten Punkt wird unter anderem die EFK zum extern vergebenen Auftrag zitiert: Die Medienüberwachung, einschliesslich der sozialen Netzwerke wie bezahlter Inhalte auf Youtube, sei «ein zusätzliches internes Instrument, um festzustellen, ob Kampagnenführende, die den Meldepflichten unterliegen, ihre Berichte ordnungsgemäss eingereicht haben».

Auf Anfrage bestätigt die Finanzkontrolle den Sachverhalt. Die Laufzeit des extern vergebenen Auftrags entspricht der aktuellen Legislatur und dauert bis 2027. Das effektive Auftragsvolumen hängt gemäss Thomas Brückner, Leiter Kommunikation bei der EFK, von den effektiv abgerufenen Leistungen ab. Das Kostendach liegt bei 129’023 Franken.

Dank den mit diesem Monitoring gewonnenen Erkenntnissen könne die EFK die erhaltenen Angaben von politischen Akteurinnen und Akteuren mit externen Quellen vergleichen und so plausibilisieren und validieren, so Brückner: «Dies kann auch potenzielle Nichtmeldungen identifizieren.»

Die EFK setze das Instrument fallweise bei Offenlegungen von Kampagnenfinanzierungen ein. Das Zwischenfazit falle positiv aus: «Die Angaben der politischen Akteurinnen und Akteure konnten in geeigneter Weise plausibilisiert und validiert werden.»

Die gesetzlichen Bestimmungen beziehungsweise die vom Bundesrat erlassene Verordnung untersagen der Finanzkontrolle, über das Ergebnis der Stichprobenkontrollen Auskunft zu geben. Wenn die EFK jedoch mögliche Straftaten entdeckt, ist sie verpflichtet, bei den zuständigen kantonalen Staatsanwaltschaften Anzeige zu erstatten.

Im Zusammenhang mit den eidgenössischen Wahlen führte die Finanzkontrolle bei 24 politischen Akteurinnen und Akteuren – nationale und kantonale Parteien, Kandidierende, Interessenverbände – materielle Stichprobenkontrollen durch.

Bislang ist noch kein deswegen eröffnetes Strafverfahren öffentlich bekannt geworden. Eine Reihe angefragter kantonaler Staatsanwaltschaften teilt auf Anfrage mit, aufgrund des Amtsgeheimnisses und der Persönlichkeitsrechte keine Auskunft zu erteilen, ob solche Untersuchungen laufen oder nicht.

Ex-EFK-Direktor geht für mehr Transparenz vor Gericht

Mehr Transparenz in dieser Sache könnte ein Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts bringen, der in den kommenden Monaten erwartet wird. Er geht pikanterweise zurück auf einen Rekurs des früheren EFK-Direktors Michel Huissoud, im Amt von 2014 bis 2022.

Michel Huissoud, ehemaliger Direktor der Finanzkontrolle EFK, während einer Medienkonferenz in Bern (20. Mai 2022).Bild: KEYSTONE

Huissoud hatte Anfang 2024 als Privatperson gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) Einblick in die ersten Prüfberichte der EFK zu den neuen Transparenzregeln verlangt. Die Öffentlichkeit müsse erfahren, wenn Abstimmungskomitees oder Kandidierende Gelder falsch deklarieren, erklärte Huissoud gegenüber Radio SRF: «Wenn die EFK Fehler festgestellt hat, dann muss man das auch wissen. Sonst lesen wir Zahlen, die falsch sind. Und das ist nicht das Ziel dieser Transparenzbestimmungen.»

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte gab Huissouds Ansinnen recht und empfahl der EFK, die Dokumente offenzulegen. Die Finanzkontrolle widersetzte sich dieser Empfehlung. Sie ist der Ansicht, der rechtliche Rahmen untersage die Herausgabe der Prüfberichte, und will die Sache vor Gericht klären lassen.

Entwürfe für die ersten Franken-Münzen

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