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Voller Einsatz: Sam Bartram wirft sich 1951 in den Morast.Bild: www.imago-images.de
Unvergessen
25. Dezember 1937: Mit Charlton spielt Sam Bartram bei Chelsea. Er spielt länger als alle anderen – denn der Nebel ist so dick, dass der Torhüter den Abbruch der Partie nicht mitkriegt hat.
Es gibt auf der Welt Städte mit einem besseren Ruf für schönes Wetter als London. Am Weihnachtstag 1937 hat die Partie zwischen dem FC Chelsea und Charlton Athletic kaum erst angefangen, da zieht im Stadion an der Stamford Bridge dichter Nebel auf.
Sam Bartram steht an diesem Tag im Tor von Charlton. So wie er das zwischen 1934 und 1956 eigentlich immer macht: Bei seinem Rücktritt als Vereinslegende tritt er mit der beeindruckenden Bilanz von 623 Spielen ab. Hätte der Zweite Weltkrieg nicht für eine längere Wettkampfpause gesorgt, es wären noch mehr Partien geworden. Heute erinnert vor Charltons Stadion, dem «Valley», eine Statue an den Rekordspieler des Klubs.
Sam Bartram im August 1950.Bild: www.imago-images.de
Immer weniger Spieler gesehen
Der Gewinn des FA Cups 1947 ist der Höhepunkt von Bartrams Karriere. Berühmt wird er ausserhalb Charltons aber für diese eine Partie gegen Chelsea zehn Jahre zuvor. In seiner Autobiographie schildert der Keeper die Erinnerungen an das legendäre Nebel-Spiel. Da die angesehene Nachrichtenagentur AP den Vorfall in einer Meldung nach dem Spiel bestätigt, wollen wir Bartram glauben, dass er nicht all zu sehr übertrieben hat.
«Kurz nach dem Anpfiff begann sich der Nebel auf der anderen Seite des Platzes zu verdichten, er zog an Vic Woodley im Chelsea-Tor vorbei und auf mich zu», schreibt er. «Der Schiedsrichter unterbrach das Spiel und liess es, als die Sicht wieder besser wurde, fortsetzen.»
Zu diesem Zeitpunkt sei Charlton in Führung gelegen und habe offenbar ständig angegriffen. «Dabei habe ich immer weniger Mitspieler gesehen», erinnert sich Bartram. Dann, etwa nach 15 Minuten der zweiten Halbzeit, wird es ungewöhnlich still im Stadion.
Andere Zeiten: 1937 heiratet Sam Bartram erst seine Helen, dann spielt er noch am gleichen Tag mit Charlton und schlägt Middlesbrough 1:0.Bild: imago sportfotodienst
«Was in aller Welt machen Sie hier?!»
Der Goalie harrt in seinem Strafraum aus und wundert sich ein wenig, dass seine Abwehrspieler rein gar nichts zulassen. «Ich stampfte mit den Füssen, um warm zu bleiben. Wir hatten Chelsea in der eigenen Hälfte eingeschlossen, aber offensichtlich brachten wir den Ball nicht ins Tor, denn es kamen keine Spieler zurück, so wie man es bei einem gegnerischen Anstoss nach einem Treffer macht.»
Der Nebel wird wieder dichter. Bartram nähert sich einige Male der Strafraumgrenze, er kann aber nichts sehen.
«Nach langer Zeit tauchte eine Gestalt aus dem Nebelvorhang vor mir auf», schildert der Torhüter. «Es war ein Polizist und er starrte mich ungläubig an. ‹Was in aller Welt machen Sie hier?!›, fragte er mich. Und er klärte mich auf: ‹Das Spiel wurde vor einer Viertelstunde abgebrochen. Der Platz ist völlig leer.›»
Und so macht sich auch Sam Bartram auf in die Kabine, lange nach den Kollegen. «Nachdem ich mich zur Garderobe durchgetastet hatte, konnte sich der Rest der Mannschaft, die bereits aus dem Bad gekommen war und Zivilkleidung trug, vor Lachen nicht mehr einkriegen.»
Dieses Foto wird oft verwendet, um die Anekdote zu bebildern. Es zeigt jedoch Arsenal-Goalie Jack Kelsey im Januar 1954.
Nach der Karriere arbeitet Bartram zunächst je zwei Saisons als Trainer von York City und Luton Town, ehe er auf Zeitungskolumnist umsattelt. 1981 stirbt der Goalie, der einst im Nebel vergessen wurde, im Alter von 67 Jahren.
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Unvergessen
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